Kleinbauern und Wildsammler sind in vielen Regionen der Erde eine Stütze der Landwirtschaft. Ihre Heimat liegt oft in ländlichen, strukturschwachen Räumen, weswegen ihr Zugang zu Wissen und ihre Einkommensmöglichkeiten beschränkt sind. Der Alltag stellt sie deshalb vor viele Herausforderungen.
In der Region San Pedro in Paraguay unterstützen wir Kleinbauern und Wildsammler dabei, ihre Produktivität zu steigern und für eine gleichbleibend hohe Produktqualität zu sorgen. Das erreichen wir durch intensive Trainings im Rahmen unseres nachhaltigen Beschaffungsstandard mabagrown. Auch in begleitenden Community-Projekten suchen wir nach Wegen, Wissen zu vermitteln, um dauerhafte Veränderungen anzustoßen. Mit dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe stärken wir nicht nur den Menschen in unserer Lieferkette, sondern auch die Stabilität und Widerstandsfähigkeit ihrer Communitys.

Auskommen mit dem Einkommen
Wildsammler Ignacio (35) lebt mit seiner Frau Benita (32) und den drei Kindern Erme (14), Junior (13) und Maria (4) in der Gegend von Union. Ignacios Eltern sind Kleinbauern; ihr Sohn packt oft im elterlichen Betrieb mit an. Ignacios und Benitas Auskommen hängt von wildgesammelten Orangen- und Zitronenschalen ab, oft schwankend mit Qualität und Menge. Spielt das Wetter nicht mit und bleibt die Ernte schmal, fehlt es der fünfköpfigen Familie an den nötigsten Dingen.
Hohe Arbeitslosigkeit und geringe Einkommen zwingen andere Familie aus der Region dazu, ins Nachbarland Argentinien zu gehen. Sie arbeiten dort in der Landwirtschaft als Saisonarbeiter und haben als Migranten im fremden Land oft mit Ausbeutung und würdelosen Verhältnissen zu kämpfen.
Unser Nachhaltigkeits-Projekt in San Pedro hat deshalb nach Möglichkeiten gesucht, das Haushaltseinkommen von derzeit 104 Familien zu verbessern und ihnen in ihrer Heimat eine bessere Zukunftsperspektive zu bieten.

Erste Schritte und Hürden
Auf die Idee, die Einkommenslücke mit Hilfe von Bienen zu schließen, kamen die Community-Mitglieder im Gespräch mit uns. Schließlich ist Honig in der Region San Pedro ein beliebtes Nahrungs- und Heilmittel. Aber vor der ersten Honigernte gab es noch ein paar Hürden zu überspringen.
Ignacio gibt offen zu: “Zu Beginn hatte ich nicht sehr viel Vertrauen in die Sache. Ich wusste einfach nichts über Bienen und hatte ja gar keine Imkersachen. Aber durch das wöchentliche Training und die vielen Beratungen und Schulterblicke des Projekt-Teams kann ich jetzt ganz allein dafür sorgen, dass meine Bienen das Jahr über gesund bleiben. Wenn’s gut läuft, ernte ich vier Mal im Jahr. Und ich hab auch gelernt, einen Wildbienenschwarm einzufangen und selber Bienenboxen zu bauen.”
Eine Imkergemeinschaft und eine Leadership-Gruppe entsteht
Vom wissbegierigen Anfänger hat sich Ignacio schnell zum engagierten Trainer entwickelt, der andere Familien anleitet und bei Bedarf Hilfestellung gibt. Weil er selbst Feuer und Flamme für die Bienenhaltung ist, hat Ignacio auch schon Nachbarn und Freunde neugierig gemacht, was die allmählich zusammen wachsende Imkergemeinschaft da so treibt. Ignacio rührt nicht nur für das Projekt die Werbetrommel, er übernimmt mit dem gewachsenen Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten auch in seiner Community eine immer aktivere Rolle.
Neun Monate hat dieser Prozess gedauert, doch er war alle Geduld und Mühe wert. Ignacio und 15 andere Männer und Frauen haben sich zu einer starken Leadership-Gruppe entwickelt. Mit dem Anstoß aus dem Bienenprojekt haben sie sich der positive Veränderung verschrieben. Sie unterstützen andere Familien beim Einstieg in die Bienenhaltung und suchen und fördern das Gespräch in der Community – über Probleme, Herausforderungen und konkrete Lösungen.
Stolz auf die Ernte und die eigenen Fähigkeiten
Ignacio blickt zurück: “Am Anfang wurden wir als Teilnehmer des Bienen-Projekts rundheraus belächelt. Ist ja klar, die Leute haben schon viele NGOs kommen und gehen sehen, ohne dass sich für sie etwas geändert hätte. Wenn du aber mit eigenen Augen wahrnimmst, hier tut sich gerade was und deine Nachbarn und Freunde sind ein Teil davon, dann kannst du dir plötzlich vorstellen, dass das auch bei dir möglich ist.”
Die Erntemengen in unserem Bienen-Projekt bestätigen das Vertrauen und bestärken die Zuversicht. Gut die Hälfte der Familien hat im ersten Jahr eigenen Honig geerntet (knapp 9 Liter pro Familie). Im zweiten Jahr konnten drei Viertel aller Familien Honig schleudern und die Menge stieg auf mehr als 18 Liter pro Familie an. Angesichts des Erfolgs freuen wir uns, das Projekt in diesem Jahr auszuweiten.